POL-S: Polizeiliche Kriminalstatistik 2022

  • veröffentlicht am 04.04.2023 12:04 Uhr
  • Polizeibericht

Stuttgart (ots)

Mit dem Ende der pandemischen Einschränkungen und der damit einhergehenden Normalisierung des öffentlichen Lebens, ist die Anzahl der Straftaten in der Stadt wieder angestiegen. Nach dem historischen Tief von 42.428 Fällen in 2021, verzeichnet das Polizeipräsidium Stuttgart im vergangenen Jahr 51.722 Straftaten. Bei der 22-prozentigen Steigerung der Gesamtstraftaten von 2021 nach 2022 ist auch von besonderer Relevanz, dass allein 17 Prozent hiervon Straftaten sind, die sich im öffentlichen Raum abgespielt haben. Das Leben verlagert sich wieder mehr in die Öffentlichkeit. Dies gilt für die Landeshauptstadt mit seinem Gastronomie- und Kulturangebot sowie einem attraktiven öffentlichen Raum im Besonderen. "Trotz des Anstiegs liegt die Kriminalitätsrate immer noch deutlich unter dem Niveau vor der Pandemie. Das ist nach wie vor ein gutes Ergebnis und ein deutlicher Beleg für die hervorragende Arbeit der Stuttgarter Polizei in der Landeshauptstadt. Die Zahlen zeigen jedoch auch, dass wir nicht nachlassen dürfen und weiterhin konsequent unsere verschiedenen und situationsangepassten polizeilichen Maßnahmen der vergangenen Jahre fortsetzen müssen," so Polizeipräsident Markus Eisenbraun.

Sicherheit im öffentlichen Raum im Fokus Insbesondere das Stuttgarter Nachtleben wurde durch die Pandemie stark eingeschränkt. Mit dem Wegfall dieser Einschränkungen und der Öffnung der Gastronomie und Clubs verlagerten sich die Einsatzschwerpunkte wieder verstärkt in den Bereich der Innenstadt. Dies belegt auch die Überrepräsentanz von Straftaten an den Wochenenden und in den Nachtstunden. Knapp die Hälfte aller Straftaten aus den Deliktsbereichen gegen das Leben, der Sexual- und Rohheitsdelikte ereigneten sich im Jahr 2022 in diesen Zeiträumen. Genau deshalb verfolgt das Polizeipräsidium Stuttgart eine enge Doppelstrategie aus Prävention und Repression. Teil dieser Strategie ist die Sicherheitskonzeption Stuttgart, bei der die Stuttgarter Polizei auch durch das Polizeipräsidium Einsatz unterstützt wird, zu deren Erfolg aber auch eine enge Abstimmung mit der Stadt Stuttgart und der Bundespolizei beiträgt. Die Beamtinnen und Beamten haben im Jahr 2022 alleine durch die zusätzlichen Anstrengungen im Rahmen der Sicherheitskonzeption über 26.000 Personen kontrolliert und etwa 2.300 Straftaten sowie zirka 2.200 Ordnungswidrigkeiten verfolgt. Darüber hinaus wurden knapp 5.000 Platzverweise ausgesprochen, aus denen schlussendlich auch 335 längerfristige Aufenthaltsverbote resultierten. Gemeinsam mit der Stadt Stuttgart ist es gelungen, zu bestimmten Uhrzeiten eine Videobeobachtung in Betrieb zu setzen, die es möglich macht, die polizeiliche Reaktionsfähigkeit zu erhöhen: Die Einsatzkräfte können schnell und zielgerichtet an Situationen herangeführt werden und gefährliche Situationen bereits in ihrer Entstehung auflösen oder mindestens eine schnelle Strafverfolgung gewährleisten. Die seither bestehenden Kamerastandorte, beispielsweise in der Parkanlage Oberer Schlossgarten, wurden dabei noch um weitere Kameras am Schlossplatz und Kleinen Schlossplatz ergänzt. In diesem Zusammenhang sollte auch die Waffenverbotszone nicht unerwähnt bleiben. In den letzten Jahren haben sich die Fälle, in denen Messer verwendet oder bereits griffbereit mitgeführt wurden, gehäuft. Dabei ist der Stadtbezirk Mitte am stärksten belastet: Gut ein Viertel aller im Jahr 2022 in Stuttgart erfassten Delikte mit Messerbezug in den Deliktsbereichen Straftaten gegen das Leben, gegen die sexuelle Selbstbestimmung, gegen die persönliche Freiheit oder Rohheitsdelikte ereigneten sich in der Innenstadt. Hinzu kommen weitere zahlreiche polizeiliche Einsatzanlässe mit Messerbezug außerhalb des Bereichs von Straftaten. "Die Waffenverbotszone, die seit dem 01.02.2023 gilt, ist eine Maßnahme, die dafür sorgen soll, dass die Innenstadt sicher bleibt und die Fallzahlen reduziert werden. Ziel dieses deklarierten Bereichs ist es nicht Personen zu kriminalisieren, sondern Messer aus dem Spiel zu nehmen. Auch wenn wir mit unseren Maßnahmen bereits erste positive Wirkungen erzielt haben, erfordert das Thema "Sicherheit im öffentlichem Raum" weiterhin unsere volle Aufmerksamkeit und die Zusammenarbeit mit allen Beteiligten," erklärt Markus Eisenbraun. Vor dem Hintergrund des Phänomens des geringer werdenden Respekts gegenüber Einsatzkräften und der teilweisen Ablehnung jeglicher polizeilicher Maßnahmen, insbesondere seitens Jugendlicher und Heranwachsender sowie den oft daraus resultierenden Konflikten, wurde Anfang 2022 das landesweite Präventionsprogramm "Respekt ist ein Bumerang" initiiert. "Zielgruppe sind junge Menschen ab 16 Jahren", erläutert Hermann Volkert, Leiter des Referats Prävention. "Durch einen interaktiven Workshop soll Verständnis für das polizeiliche Einschreiten entwickelt werden, gleichzeitig aber auch über das mögliche eigene strafbare Verhalten informiert werden. Transparenz und Kommunikation sind Teil des polizeilichen Selbstverständnisses." Zusammen mit dem Vorgängerprogramm des Polizeipräsidiums Stuttgart "Kontrolle" konnten in über 200 Veranstaltungen fast 4.000 junge Menschen erreicht werden.

Anstieg der Betäubungskriminalität

"Mit 5.870 registrierten Fällen haben wir im Jahr 2022 einen Anstieg um 17,4 Prozent", erläutert der Leiter der Kriminalpolizeidirektion, Alexander Stalder. "Neben unverändert hohen Fallzahlen mit Marihuana ist allerdings ein Anstieg im Zusammenhang mit Kokain von 242 auf 449 Fällen sowie mit Amphetamin um 35,7 Prozent auffallend." Bei der Bekämpfung der Rauschgiftkriminalität konnten im Jahr 2022 unter anderem folgende Erfolge verzeichnet werden:

- Aufgrund von Ermittlungen war bekannt, dass ein 26-jähriger Deutscher im Zeitraum von April 2020 bis Mai 2021 Marihuana im dreistelligen und Kokain im einstelligen Kilogrammbereich in Frankfurt am Main erwarb, um es im Raum Stuttgart weiterzuverkaufen. Er wurde hierbei durch den 26-jährigen deutschen Freund seiner Schwester unterstützt. Ein 31-jähriger Deutscher fungierte als Bunkerhalter. Im November 2022 wurden die beiden 26-jährigen Tatverdächtigen sowie der 31-Jährige nach einer Rauschgiftlieferung festgenommen. Es konnten 25 kg Marihuana, 1,33 kg Kokain, eine Schreckschusswaffe sowie 20.470 Euro Bargeld beschlagnahmt werden. - Ein 46-jähriger Spanier stand aufgrund von Ermittlungen in einem anderen Verfahren im Verdacht, Marihuana und Kokain aus Spanien nach Deutschland einzuführen. Hinweise ergaben, dass ein 23-jähriger Deutscher die Lieferung in einer Garage empfangen soll. Am 10.08.2022 nahmen die Ermittler beide Tatverdächtige sowie zwei Kurierfahrer fest - eine 35-jährige Rumänin und ein 38-jähriger Spanier. Im Kurierfahrzeug entdeckten die Beamten in einem umgebauten Gastank über 20 kg Marihuana. Bei den anschließenden Durchsuchungen beschlagnahmten die Ermittler außerdem 13.000 Euro mutmaßliches Dealergeld. Im Zuge weiterer Ermittlungen wurden bei einem 29-jährigen deutschen Abnehmer weitere 200 g Kokain, etwa 344 g Marihuana und 14.500 Euro beschlagnahmt.

Vor allem auf der Händlerebene sind Ermittlungen aufgrund verschlüsselter Kommunikation oft anspruchsvoll und aufwändig. Darüber hinaus hat sich für Abnehmer der Bezug übers Internet und Postsendungen fest etabliert, weshalb wir unsere polizeilichen Maßnahmen in diesem Zusammenhang anpassen. "In diesem Kriminalitätsbereich ist es besonders wichtig, frühzeitig das Thema Konsum zu thematisieren", erklärt Hermann Volkert, Leiter des Referats Prävention. "Deshalb führen wir, auch in Zusammenarbeit mit externen Kooperationspartnern, altersgerechte Informationsveranstaltung für Schülerinnen und Schüler, aber auch für ihre Eltern durch."

Besonderes Augenmerk auf Jugendkriminalität Im Vergleich zur Erwachsenenkriminalität ist Jugendkriminalität spontan, situativ und episodenhaft. Sie ist grundsätzlich weit verbreitet und betrifft deshalb viele Jugendliche und Heranwachsende. Auch wenn von 2021 nach 2022 zunächst ein Anstieg von knapp 25 Prozent zu erkennen ist, muss hierbei erneut die Vor-Corona-Fallzahl aus dem Jahr 2019 (5.039) herangezogen werden, womit im Vergleich zum Jahr 2022 (5.222) immer noch ein Anstieg von knapp 4 Prozent festzustellen ist. Der Schwerpunkt der Jugendkriminalität bezieht sich hierbei seit Jahren auf Diebstahlsdelikte. Grundsätzlich zeigen kriminologische Untersuchungen, dass wenige der polizeilich ermittelten Jungtäter für einen großen Teil aller von dieser Altersklasse begangenen Straftaten verantwortlich sind. Diese Personen werden auch als Schwellen- oder Intensivtäter bezeichnet. 2022 waren 43 in Stuttgart wohnhafte Jugendliche und Heranwachsende als Schwellentäter (2021: 38) und 76 als Intensivtäter (2021: 76) eingestuft.

Einen hohen Stellenwert bei der Jugendkriminalität nimmt seit geraumer Zeit der Deliktsbereich Kinder- und Jugendpornographie ein. Fast 50 Prozent der Tatverdächtigen in diesem Zusammenhang sind sogenannte Jungtäter. Die polizeilichen Erfahrungen zeigen dabei, dass unter Kindern und Jugendlichen oft ein sorgloser Umgang mit pornographischem Material besteht. Insbesondere in Chatgruppen werden vielfach deliktskritische Bilder und Videos geteilt. "Das ist deshalb so fatal, da sowohl der Absender als auch der Empfänger sich unabhängig von der persönlichen Motivation strafbar machen", betont Alexander Stalder. Das Referat Prävention setzt deshalb einen besonderen Schwerpunkt in der Aufklärung und Sensibilisierung. Mit dem Programm "Klasse im Netz" informieren die Beamtinnen und Beamten zum Thema Kinder- und Jugendpornographie. Im letzten Jahr haben sie über 400 Veranstaltungen an Stuttgarter Schulen durchgeführt und mehr als 9.000 Personen erreicht.

Anstieg bei der Häuslichen Gewalt

Seit einigen Jahren gibt es einen tendenziellen Anstieg bei der Häuslichen Gewalt. Dabei umfasst die Häusliche Gewalt sämtliche Delikte in der Ehe oder bei gleichzustellenden Partnerschaften, auch wenn die Beziehung bereits aufgelöst wurde. Zu betonen ist, dass diese Partnergewalt in allen Bildungs- und Einkommensschichten stattfindet, es betrifft sämtliche Altersgruppen, Nationalitäten, Religionen und Kulturen. Auffallend ist insbesondere der Anstieg im Jahr 2022. Das Polizeipräsidium Stuttgart registrierte 1.333 Fälle, was in etwa ein Plus von 45 Prozent zum vorangegangenen Jahr darstellt. Grund für diesen rasanten Anstieg ist zum einen, dass seit 2022 nun auch Ex-Partnerschaften statistisch miteinbezogen werden. Zum anderen werden auch Beleidigungen zwischen den (ehemaligen) Partnern berücksichtigt. Unabhängig von diesen Hintergründen ist festzustellen, dass häusliche Gewalt ein Phänomen ist, das immer mehr in die öffentliche Diskussion kommt und dabei die Täterinnen und Täter nicht mehr auf den vermeintlichen Schutz des Privaten hoffen können. "Um diesem Kriminalitätsfeld entgegenzuwirken, hat die Polizei Stuttgart Ende 2021 die Koordinierungsstelle häusliche Gewalt eingerichtet", so Polizeivizepräsident Carsten Höfler. Diese sorgt für eine Optimierung der ersten Maßnahmen am Tatort, der Gefährdungsbewertung durch besonders geschulte Sachbearbeiterinnen und Sachbearbeiter bei den Polizeirevieren bis hin zum Opferschutz. "Dabei liegen Kinder besonders im Fokus dieses Gefährdungsmanagements. Bei jedem Fall einer häuslichen Gewalt wird eine etwaige Kindswohlgefährdung geprüft und Kontakt mit den zuständigen Behörden aufgenommen." Außerdem steht neben der strafrechtlichen Verfolgung des Täters oder der Täterin insbesondere der Schutz des gewaltbetroffenen Opfers im Vordergrund. "Unsere Kolleginnen und Kollegen sind tagtäglich, 24/7 für Sie im Einsatz. Ich drücke deshalb allen Stuttgarter Polizistinnen und Polizisten aber auch unseren Kooperationspartnern den tiefsten Respekt für Ihre Arbeit aus und danke für die hervorragende Leistung, " so Polizeipräsident Markus Eisenbraun. "Nur gemeinsam gelingt es uns, dass Stuttgart weiterhin einer der sichersten Großstädte bleibt."

Die Polizeiliche Kriminalstatistik finden Sie im Internet unter: ppstuttgart.polizei-bw.de/statistiken/

Anlagen: 4 Fact Sheets

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